Ankünfte in den sizilianischen Häfen. Das Sterben auf See geht weiter

In den letzten Tagen wurden mehr als 1.500 Menschen auf dem Mittelmeer gerettet. Einige von ihnen wurden gestern nach Palermo und Catania gebracht. Heute hingegen hat die „Open Arms“ auch drei Leichen nach Pozzallo gebracht: zwei Neugeborene und einen 20-jährigen Mann. Weitere Ankünfte sind in Augusta und Messina am morgigen Tag vorgesehen.

Die spanische „Santa Maria“ im Hafen von Palermo

Derzeit sind nur drei (NGO) Schiffe zur Seenotrettung im Mittelmeer unterwegs. Am 17. Januar hatte die SEA WATCH allein schon 421 Menschen an Bord. Die Mitarbeiter*innen von SOS Méditerranée, die gestern nach Catania kamen, berichten über die besonders harten letzten zwei Tage der Rettungseinsätze und betonen, dass die drei Schiffe absolut nicht genügten, weitere Schiffe seien unbedingt nötig.

Eine Neuigkeit ist einer der Orte der Rettungen: 80 Seemeilen nördlich von Al Khoms, eine Entfernung zur libyschen Küste, bei der sonst nicht gerettet wird.

 

Palermo – Gegen 8 Uhr gestern Morgen traf die spanische “Santa Maria”, die seit dem 14. Dezember 2017 im Eunavfor Med Verband fährt, im Hafen ein. Dort befinden sich wie üblich Mitarbeiter des UNHCR, IOM, EASO, FRONTEX, der Polizei, der Präfektur, dem lokalen Gesundheitsdienst, dem Roten Kreuz etc. Der Leiter des Roten Kreuzes Palermo bestätigt, dass sich 210 Menschen an Bord befinden: 156 Männer, 34 Frauen und 20 Kinder, die in vier Einsätzen gerettet worden seien.

Ungefähr 60 der Migrant*innen stammen aus Ägypten, Tunesien, Algerien und Marokko. Sie erwartet eine Abschiebungsverfügung, die so genannten „7 days“, wie die Migrant*innen sie nennen. Sieben Tage, um Italien zu verlassen, ohne jemals Zugang zum Asylverfahren zu erhalten. Wir werden sie alle am Bahnhof wiedersehen, nachdem sie in der Ausländerbehörde identifiziert wurden, um dann ohne Geld und oftmals eine Idee, wohin sie sollen, auf die Straße gesetzt zu werden. Unter ihnen mindestens drei Marokkanerinnen, die allein gereist sind, eine von ihnen erlitt Verbrennungen.

Palermo – Migrant*innen an Bord der „Santa Maria“

Die Ersten, die das Schiff verlassen, sind die Frauen, einige von ihnen mit teils sehr kleinen Kindern, einige mit ihren Familien. Nicht allen geht es gut, mindestens eine Frau wird mit ihrem Kind ins Krankenhaus gebracht. Es folgen drei Männer, sie werden von der Polizei begleitet und wohl als so genannte Schlepper verhaftet, wie es bei  jeder Ankunft geschieht.  Die Tageszeitung Giornale di Sicilia berichtet heute, dass es sich um einen Libyer, einen Syrer und einen Mann aus Guinea Bissau handeln soll.

Auch viele ältere Migrant*innen sind an Bord

An Bord befinden sich auch Syrer*innen, aber wir erhalten keine Informationen über die Anzahl. Unter ihnen sind vor allem Familien, auch ältere Personen, von denen es bei dieser Ankunft einige gibt. Es sollen 20 Minderjährige an Bord sein, fünf von ihnen unbegleitet. Sie kommen aus Gambia, Senegal, Mali, Marokko und Pakistan, sie werden nach Torretta gebracht, einer kleinen Stadt in der Provinz Palermo. Von den 210 Geflüchteten sind auch viele aus asiatischen Ländern wie z.B. Bangladesh und Pakistan.

100 Männer sollen nach Agrigent verlegt werden.

 

Die „Aquarius“ im Hafen von Catania

Catania – Im Hafen der Stadt am Ätna ist gestern Morgen die „Aquarius“ der NGO SOS Méditerranée mit 505 Menschen aus 25 Ländern angekommen: 115 Frauen, 51 unbegleitete Minderjährige, und 14 schwangere Frauen sind unter ihnen. Es wurden auch zwei eritreische Kinder von gerade einmal zwei Wochen gerettet. Auf ihren Gesundheitsstatus schauend – eines wiegt gerade einmal 2,6 kg – muss angenommen werden, dass sie in libyscher Haft geboren wurden. Die Rettung erfolgte zwischen dem 16. und 17. Januar in internationalen Gewässern westlich von Tripolis. Am ersten Tag wurden die Überreste eines Schlauchbootes ohne Motor gefunden, drum herum schwammen Kleidungsstücke. Es ist nicht klar, was mit diesen Menschen geschehen ist. Später wurden alle von der spanischen Küstenwache Geretteten an die „Aquarius“ übergeben. Seit 3 Uhr in der Nacht erfolgten dann Einsatzrufe der Seenotrettungsleitzentrale MRCC in Rom, einer nach dem anderen, ohne Pause. Insgesamt wurden die Menschen von fünf Booten gerettet, auf dem letzten befanden sich 15 Libyer.

Die Ankunftsprozedur in Catania dauerte bis zum späten Nachmittag an.

 

Judith Gleitze

Viola Gastaldi

Borderline Sicilia

 

Aus dem Italienischen von Judith Gleitze