Das Mega-C.A.R.A. in Mineo

Das Rote Kreuz wird für die Aufnahme von Migranten 3 Millionen Euro, die Eigentümerin des Geländes 360.000 Euro monatlich einkassieren. Das sind mehr als 20 Millionen Euro allein im Jahr 2011, ohne die Gehälter mitzuzählen. Dies geht alles zu Lasten des Steuerzahlers. Für Berlusconi und Maroni ist das Zentrum ein europäisches Symbol der Flüchtlingsaufnahme „made in Italy“.
Dabei handelt es sich lediglich um die Wiederaufnahme des Notstand-Modells, der sich durch den massiven Fluss öffentlicher Gelder auszeichnet, die an die immer gleichen Begünstigten fließen. Es geht um den Standort von Mineo (Catania), ein kleines landwirtschaftliches Zentrum im Herzen Siziliens, das zuvor vom amerikanischen Militär des nahegelegenen Luft- und Seefahrtstützpunktes Sigonella genutzt wurde, und in dem jetzt die Asylbewerber (teilweise transferiert aus anderen Zentren, in deren Umgebung sie schon Fuß gefasst hatten, teils vor dem Krieg in Libyen fliehend) und einige hundert Tunesier, die vor dem 5. April in Italien angekommen sind, untergebracht werden. Ein juristisch zwitterhaftes Modell, zwischen Aufnahmezentrum (C.A.R.A. – Aufnahmezentrum für Asylbewerber) und C.I.E. (Struktur zur Inhaftierung „Irregulärer“ zwecks Identifikation und Abschiebung). So ist die “Residenz der Solidarität”, wie das Zentrum in Mineo heißt, ein unerschöpfliches Quell für paramilitärische Holdings, klientelistisch-soziale Kooperativen und prestigereiche Baulöwen. Laut erster Schätzungen der sizilianischen antirassistischen Vereinigungen beläuft sich der Betrag, den die Regierung den Trägern der über ganz Italien verteilten Aufnahmezentren (C.A.R.A.) auszahlt, auf 40 bis 52 Euro pro Tag für jeden Asylantragssteller. In Anbetracht der Anzahl der “Gäste” von Mineo (schon jetzt sind es 2.000), betragen die Einkünfte für die alleinige Handhabung der Aufnahme monatlich zwischen 2.400.000 bis 3 Millionen Euro. Zugute kommt dieser Betrag dem italienischen Roten Kreuz, welches vom von der Regierung ernannten außerordentlichen Kommissar zur Regelung des „Notstands Einwanderung“ (dem Präfekt von Palermo, Giuseppe Caruso) eingesetzt wurde, ohne dass es eine öffentliche Ausschreibung und einen Antrag des Trägers gegeben hätte. “Bis zum 30. Juni 2011 wird die CRI (Rotes Kreuz Italien) eigene Mittel zur Handhabung der Notstandssituationen aufwenden”, erklärt Dott. Caruso. Für die bleibenden sechs Monate wird dann jedoch der Beitragszahler aufkommen. Alle Rechnungen zusammengenommen belaufen sich die Ausgaben am Ende des Jahres auf ein Sümmchen von nicht weniger als 14 -18 Mio. Euro. Die Kommunen in Italien, die dank der solidarischen Netze zwischen Einrichtungen und Vereinigungen Flüchtlinge aufnehmen (das sog. Sprar-System), erhalten gerade einmal ca. 22 Euro pro Tag pro Flüchtling.Die positiven Auswirkungen der Aufnahme auf die Wirtschaft und die lokalen Beschäftigungsverhältnisse, wie sie zum Beispiel in Riace, einer kleinen kalabrischen Kommune, im Projekt „Bürger-Migranten“ zu sehen sind, zeugen von dem Vorteil dieser Art der Unterbringung. Wir erinnern im Hinblick darauf daran, dass die Bürgermeister der Locride (Landstrich in Süditalien) sich angeboten haben, in ihren Dörfern 500 Migranten aufzunehmen.Minister Maroni hat damals jedoch noch nicht einmal geantwortet.In Mineo hingegen bleibt zu hoffen, dass der Präsident der Provinz von Catania und regionaler Koordinator der Pdl (Popolo della libertà, Partei Berlusconis), Giuseppe Castiglione, Druck ausüben wird, damit das Rote Kreuz die Leitung einiger Dienstleistungen den unzähligen lokalen Kooperativen anvertraut. Diese sind (allerdings) größtenteils mit dem mächtigen Konsortium Sol.Co. aus Catania in Zusammenhang zu bringen, das seit Monaten an der Ex-Residenz der USA interessiert ist.Im Grunde würde es sich um eine geringe Gebühr handeln, um im Gegenzug die Zustimmung der Politiker und der Verwalter des Ortes zu erhalten. Eine Fabrik der Gelder und der Stimmen also, das moderne Ghetto für Flüchtlinge und Deportierte. Schon jetzt haben die Bürgermeister des Calatino (Gegend bei Catania) die Opposition zum Zentrum von Mineo eingestellt. Sie haben sich mit ein paar „Krümeln“ und mit dem schändlichen „territorialen Sicherheitspakt“ mit seinen unnützen Videoüberwachungssystemen abspeisen lassen.Die eigentliche, weniger transparente Angelegenheit, ist die von der Regierung bezahlte Gebühr zur Nutzung der Häuser, die sich auf dem Gelände befinden. Anstatt die Migranten in die zahlreichen öffentlichen Strukturen (wie beispielsweise den Ex-Raketen-Stützpunkt von Comiso, der schon während des Notstands „Kosovo“ 1999 genutzt wurde) umzuleiten, hat das Duo Berlusconi – Maroni befunden, dass das Mega-“Exzellente”-C.A.R.A. an dem Standort situiert wird, was als “Ex-villaggio NATO” – ehemaliges NATO-Dorf – definiert wurde, aber in Wirklichkeit der Firma Pizzarotti S.p.A. aus Parma gehört, einer der italienischen Hauptbaugesellschaften und Vertragspartner des Vertrauens der US-Streitkräfte (Arbeiten in den Stützpunkten von Aviano, Camp Darby, Vicenza und Sigonella). Die Manager dieses Unternehmens verlangten vom Staat einen Pachtvertrag für die Dauer von nicht weniger als 5 Jahren. Der Notstandskommissar Giuseppe Caruso zog es jedoch vor, die Einrichtung per Erlass bis zum 31.12.2011 zu beschlagnahmen. Zur gleichen Zeit wurde der territorialen Behörde des öffentlichen Guts’ von Catania die Bewertung der Entschädigungssumme für die Firma Pizzarotti, die laut Gesetz nicht niedriger als die Marktwerte sein darf, anvertraut. Wieviel? Die Marine der USA zahlte der Gesellschaft eine jährliche Gebühr von 8 ½ Mio. Dollar, zusätzlich der Ausgaben für die Leitung der Dienste im Innern der Anlage. Auch wenn man sich auf das ansprechende Angebot begrenzen würde, das den Familien der Soldaten nach der Auflösung des Vertrags mit dem Verteidigungsdepartment gemacht wurde (900 Euro pro Monat je Anlage), würden an die Pizzarotti nicht weniger als 363.000 Euro im Monat, multipliziert mal 10 Monate, die das Notstandsdekret vorsieht, gehen. Hinzu kommen die Gebühren für die Nutzung der anderen Gebäudeteile (Büros, Mensen, wirtschaftliche Strukturen, Turnhallen, Tennis- und Fußballplätze, Kindergärten, Räume zur Religionsausübung und 12 Hektar an Grünflächen). Nur für 2011 wird das „Grand Hotel von Mineo Deportierte & Co.” so nicht weniger als 20 Mio. Euro kosten, gerechnet ohne die Gehälter und die Zulage für die Beschäftigung von über 100 Polizisten, Carabinieri und Soldaten der Armee. Eine kolossale Verschwendung von Ressourcen im Namen des heiligen Kriegs gegen Migration. In den vergangenen Wochen haben wir zahlreiche Initiativen vor dem „Dorf der Orangen“, wie das Zentrum genannt wird, organisiert, um mit den Migranten in Kontakt zu treten und deren Rechtsansprüche durch Anwälten zu prüfen zu lassen: Leider erwies sich ein am 23. März bei der Präfektur gestellter Antrag auf Besuch der Einrichtung als erfolglos. Die Informationen über die Lebensbedingungen der Migranten scheinen streng geheim für die solidarischen Vereinigungen und die Presse zu sein. Was gibt es zu verbergen? Die wirkliche Zahl der “Gäste”? Die schlechte Qualität des Essens? Die Effizienz der sanitären Assistenz? Der Tag des 25. Aprils wird eine weitere Gelegenheit sein, um unsere humanen und politischen Bindungen mit den Migranten zu verfestigen.
Antirassistisches Netzwerk Catania