„Mo(r)s maiorum“: Anordnung gegen irreguläre Migranten
Von der Redaktion der COSPE
Die Länder der EU bereiten unter der Ratspräsidentschaft Italiens und der Koordination der Zentraldirektion für Einwanderung und der Grenzpolizei des italienischen Innenministeriums, die Einführung einer Polizei“razzia“ im europäischen Maßstab vor, die von Frontex gesponsert wird: die Operation ‚Mos Maiorum‘.
Zwischen dem 13.10. und dem 26.10. werden – auf Kosten der Steuerzahler – 18.000 Polizeibeamte aus allen EU-Mitgliedsstaaten und aus den durch das Schengen-Abkommen assoziierten Staaten mobilisiert, um „irreguläre Migranten“ und Sans-Papiers in ganz Europa zu verfolgen. Verstärkte Kontrollen, Polizeisperren, Verhöre und wahrscheinliche Inhaftierungen in den CIE (Zentren für Identifikation und Ausweisung), in Erwartung von Ausweisungen und Festnahmen, sind in europäischen Bahnhöfen und Flughäfen, an den Außen-Grenzen der Union ebenso wie innerhalb des Schengen-Raums vorgesehen.
Die Initiative zeigt mit ihrer polizeilichen und repressiven Herangehensweise eine perfekte Kontinuität der europäischen Politik, des Stockholmer Programms und des Dublin-Abkommens, die, nach den durch die OIM (die Internationale Organisation für Migration) am 29.September bekannt gewordenen Zahlen, verantwortlich ist für den Tod von 40.000 Personen seit dem Jahr 2000 und für den Tod von mehr als 3000 Personen allein in diesem Jahr und dies nur im Mittelmeer, der gefährlichsten Grenze der Welt.
Genau auf den 3.Oktober fällt der Jahrestag des tragischen Schiffsbruchs in Lampedusa, bei dem 366 Migranten ihr Leben verloren haben. Dennoch verbarrikadiert sich Europa hinter einer kulturellen und militärischen Stärke und weigert sich, das eigene Scheitern zur Kenntnis zu nehmen: dem komplexen Sachverhalt der Migrationen kann man nicht mit militärischer Repression und simplen Slogans auf der Piazza begegnen. Schon seit Jahren machen die Organisationen der Zivilgesellschaften des Mittelmeerraums darauf aufmerksam, dass es eine Alternative gibt, und stellen nicht nur die Migrationspolitiken der EU zur Diskussion, sondern auch die sie bedingenden Maßnahmen: ungerechte Abkommen zum freien Austausch, Unterstützung korrupter Militärdiktaturen durch unsere „Demokratien“, Aufkaufen von Ressourcen. Auf einem Kontinent, der eine schwere soziale und wirtschaftliche Krise durchmacht, der von Konfliktherden (von Syrien bis zur Ukraine, vom Gazastreifen bis nach Libyen) umgeben ist, kann die Sicherheit Europas nicht durch die Migration von Männern und Frauen bedroht werden, die lediglich ihren Traum von Würde, Arbeit und Frieden zu realisieren versuchen.
Die COSPE (Genossenschaft für die Entwicklung in Schwellenländern) verurteilt die Operation Mos Maiorum und verlangen von der italienischen Regierung, nicht diejenigen zu verfolgen, die sie mit der Operation Mare Nostrum vom Schiffbruch gerettet hat, indem sie dieser unmenschlichen und überflüssigen Razzia zustimmt. Eine solche Operation widerspricht völlig den Verpflichtungen, die Minister Pistelli anlässlich der Übernahme der italienischen Ratspräsidentschaft in Europa gegenüber den Repräsentanten der europäischen Zivilgesellschaft in Florenz übernommen hat. Wir fordern mit Nachdruck eine Stellungnahme von Minister Pistelli und Garantien von Minister Alfano bezüglich der vollständigen Achtung der Menschenrechte und der Genfer Flüchtlingskonvention. Wir haben hohe Erwartungen an die Politik, wir fordern ein anderes Italien und ein anderes Europa. Unser Mos Maiorum ist nicht das der Angst und Repression. Unsere Kultur, die europäische Tradition und die des Mittelmeerraums, für die wir stehen, ist die der Begegnung und des Dialogs.
Aus dem Italienischen von Jutta Wohllaib