Sie findet das von ihr tot geglaubte Kind. Wiedergeburt einer jungen Eritreerin

Die junge Frau, welche am vergangenen Mai aus einem Boot im Meer vor Lampedusa gerettet wurde, hat bei ihrer Ankunft in Palermo ihren kleinen, in Libyen zur Welt gebrachten Jungen nicht mehr gefunden und ist daraufhin in eine tiefe Krise verfallen. Dank der Hilfe von Vermittlern und Sozialarbeitern hat sich ihr Zustand verbessert. Und sie hat ihr Kind wiedergesehen.
Redattore Sociale – Im Caritas Zentrum, in dem sie sich befindet, hat sie wieder begonnen zu sprechen und all denen zuzulächeln, die ihr in den vergangenen Monaten geholfen haben. Dies ist die Geschichte von S., einer sehr jungen Eritreerin, die nach ihrer Rettung und Ankunft mit ihrem zehn Tage alten Baby in Palermo in Schweigen verfallen war und am Anfang weder essen noch sich untersuchen lassen wollte. Eines der Traumata, die die junge Frau erlitten haben könnte ist vielleicht auch die Geburt, die vermutlich unter schrecklichen Umstände stattgefunden hat. Sie spricht jetzt nicht nur mit allen, sie hat es auch geschafft das Kind wiederzusehen, von dem sie dachte es wäre tot.
Die Geschichte. Die junge Frau und der Säugling, beide äußerst unterernährt, wurden am vergangenen 11. Mai von einem Helikopter gerettet und direkt ins Krankenhaus eingeliefert. Da sie den Jungen nach der Rettung nicht mehr neben sich fand hat S. sich in sich selbst verschlossen. Der Junge befand sich jedoch auf einer anderen Station. Seit dem 13. Mai wird die junge Frau in einem Zentrum der Caritas in Palermo betreut. Zu Beginn ihres Aufenthalts dort hat sie mit keinem der Mitarbeiter des Zentrums außer mit der interkulturellen Vermittlerin gesprochen, die gemeinsam mit dem gesamten Team des Zentrums versucht hat einen Weg zu finden, um der jungen Frau zu helfen. Die Mitarbeiter des Zentrums hatten mehrmals vergeblich versucht ihr zu erklären, dass ihr Sohn am Leben ist, aber die junge Frau verfügte nicht über den notwendigen klaren Verstand, um dies zu verstehen.
Dank der Hartnäckigkeit und des großen Einsatzes der interkulturellen Mediatorin Yodith Abraha, der Verantwortlichen der Aufnahmezentren Nadia Sabatino und des Leiters der Caritas Pater Sergio Mattaliano hat S. im August die kritischste Phase der Depression überwunden und es geschafft ihren sechs Monate alten Sohn zu treffen, der zur Zeit in einer Einrichtung für Minderjährige untergebracht ist. Jetzt schafft sie es, den Jungen zwei mal die Woche für jeweils eine Stunde zu treffen. In Zukunft, sobald sie genügend Ausgeglichenheit erreicht hat um sich autonom versorgen zu können, wird sie ihn auch länger und mehrere Tage die Woche sehen können.
„Ich danke allen für die Zuneigung und die Hilfe die mir entgegengebracht wurde und bin Gott dafür dankbar“, erklärt sie mit Hilfe der Mediatorin. „Als ich meinen Jungen wiedergesehen habe war ich sehr aufgeregt und nervös, danach habe ich mich aber wie wiedergeboren gefühlt und ich bin mir jetzt meiner Beziehung zu ihm bewusst. Stück für Stück nehme ich seine Anwesenheit war und erkenne wie wichtig er für mich ist. Ich hoffe, ihn bald wieder bei mir zu haben und zu meinen Partner kommen zu können“.

„Für uns war es ein Moment großer Rührung, ihr die Begegnung mit ihrem Kind zu ermöglichen. Die junge Frau nimmt an einer Behandlung teil die ihr hilft sich nach und nach zu lösen“ , erzählt Yodith Abraha, die seit zwanzig Jahren als interkulturelle Mediatorin in Palermo tätig ist. Wir haben es sogar geschafft den Kontakt zu ihrem eritreischen Partner herzustellen, ein in Deutschland lebender Asylsuchender. Es handelt sich um eine sehr vertrauenswürdige Person, die sich von Anfang an der Verantwortung gestellt hat und zudem die Kommunikation mit der Familie der jungen Frau in deren Heimat erleichtert hat. Das Ziel ist es jetzt, sie und das Kind mit ihrem Partner zusammenzubringen.“

„Ohne Zweifel haben wir es hier mit einem sehr komplexen Fall zu tun gehabt und es gab auch Momente der Entmutigung. Zum Glück haben wir es jedoch geschafft sie wieder zum sprechen und zum lachen zu bringen“, schließt Yodith zufrieden ab.
„Nachdem die junge Frau bei uns ankam waren es sehr schwierige erste Tage“, erzählt Pater Sergio Mattaliano, „und auch Tage voller Sorge. Sie stand unter Schock, verweigerte ärztliche Untersuchungen und reagierte schroff. Sie sprach auch nicht mit den aus der Schweiz und aus London angereisten Verwandten. Manche dachten es wäre besser gewesen sie in ein Zentrum für psychische Gesundheit zu bringen. Wir haben jedoch darauf beharrt, dass dies nicht passiert. Wir
waren davon überzeugt, dass es richtig sei dieser jungen Frau ihre Würde wiederzugeben, zum Beispiel durch Zuneigung, die wir ihr kommunizieren konnten“.
„Wir haben intensiv daran geglaubt, dass S. mit allen Mitteln geholfen werden musste, ihre innere Blockade zu lösen“, sagt die Verantwortliche der Aufnahmezentren Nadia Sabatino. „Wir haben auch mit den anderen Migranten des Zentrums gearbeitet, die sie in unterschiedlicher Weise unterstützt haben. Diese Erfahrung war für uns sehr anspruchsvoll, aber auch sehr bereichernd“. (set)

Aus dem Italienischen von Linde Nadiani