Weltflüchtlingstag in Mineo

Von Nina Perkowski

Anlässlich des
Weltflüchtlingstags am 20. Juni veranstaltete das Antirassistische Netzwerk
Catania am 21. Juni 2012 eine Pressekonferenz am CARA von Mineo. Nach vielen
Protesten im letzten Jahr aufgrund der Lebensbedingungen der fast 1.900
Asylbewerber in der CARA war dieses Jahr bisher deutlich ruhiger im Hinblick
auf politische Proteste. Um die Aufmerksamkeit erneut auf die anhaltenden
Probleme vor Ort zu lenken, organisierte das Antirassistische Netzwerk eine
Pressekonferenz, die von RAI3, Telecolor und drei lokalen TV-Stationen besucht
wurde.
Alfonso di Stefano betonte, dass viele der Asylsuchenden sich seit über 10
Monaten im Lager befinden und unter den langen Wartezeiten leiden, während ihre
Asylanträge beurteilt werden. Ihm zufolge prüft die Kommission derzeit weniger
als die Hälfte der Anträge als noch 2011. Im vergangenen Jahr arbeiteten zwei
Kommissionen vor Ort und beurteilen etwa 80 Asylanträge in der Woche, seit dem
Ende des letzten Jahres ist es nur eine Kommission, die etwa 30-35 Fälle pro Woche
untersucht.
Dies ist besonders problematisch, da jene, die für Monate im Lager festsitzen
im Wesentlichen zur Untätigkeit verurteilt sind – das nächste Dorf ist mehr als
10 km entfernt. Viele der Asylbewerber sind junge Menschen mit viel
Eigeninitiative und Tatendrang – viele sagen, zum Nichtstun verdammt zu sein
ist das Schlimmste, was ihnen passieren konnte. „Ich habe immer
gearbeitet, um für mich selbst sorgen. Ein Mensch, der zwei Arme hat, sollte
nicht betteln, sagen wir zu Hause – und hier darf ich nicht arbeiten, kann nur schlafen
und essen und schlafen und werde vom Staat gefüttert. Es macht mich wahnsinnig.“
Die langen Wartezeiten mitten im Nirgendwo lassen die Asylbewerber nicht nur
leiden (letztes Jahr verurteilten Ärzte ohne Grenzen, dass es sieben
Selbstmordversuche gegeben habe und Bewohner der CARA sagten diese Woche, dass
am vergangenen Freitag ein weiterer Mann versucht hat, sich das Leben zu
nehmen). Gleichzeitig verfehlt das Leben im Lager unweigerlich, die Asylbewerber
darauf vorzubereiten, in die italienische Gesellschaft einzutreten. Da das Camp
isoliert auf dem Land steht, gibt es kein gemeinschaftliches Leben, dass die
Asylbewerber kennenlernen und in welches sie sich integrieren könnten. Viele
derjenigen, die schließlich eine Aufenthaltserlaubnis erhalten und in Italien
bleiben, haben daher große Schwierigkeiten sich zurechtzufinden, wenn sie das
CARA verlassen.

Giuseppe Carnabuci, ein dem Antirassistischen Netzwerk angeschlossener Rechtsanwalt,
stellte ein weiteres, aktuelles Problem heraus: Er verwies darauf, dass
Asylbewerber, deren Antrag auf internationalen Schutz von der Territorialen
Kommission in erster Instanz abgelehnt wurde, die Zulassung zum kostenlosen
Rechtsbeistand verwehrt wird. Laut Rechtsanwalt Carnabuci klar einen Verstoß
gegen das Recht auf Verteidigung darstellend, behauptet die Immigrationspolizei
(Questura) von Catania, dass die Ausweispapiere der Asylbewerber nicht geeignet
sind, um ihre Identität zu garantieren – daher können sie nicht auf kostenlose
Rechtsberatung zugreifen. Dies nimmt vielen Asylbewerbern die Möglichkeit, sich
vor Gericht effektiv zu verteidigen.
Laut Giuseppe Carnabuci wird das sogenannte Namenszertifikat, das einem
Asylbewerber während seines Asylverfahrens ausgestellt wird, allgemein als
angemessen beurteilt, um Gewissheit über die Identität der Person zu geben.
Während das entsprechende Dokument problemlos zur Identifizierung desjenigen
dient, dem der Staat internationalen Schutz gewährt, wird es zur gleichen Zeit
als nicht geeignet für die Identifizierung von ein und derselben Person angesehen,
wenn es um Prozesskostenhilfe durch den Staat geht. Durch das Beharren auf
dieser paradoxen Position schafft die Questura eine weitere, kostspielige Bürde
für viele der Bewohner des CARA von Mineo.

Das Antirassistische Netzwerk setzt sich für eine Schließung des Lagers ein, das
seiner Ansicht nach die Asylbewerber unmenschlichen Bedingungen aussetzt.
Außerdem unterstützt es die Petition von einer Gruppe von Asylbewerbern in
Trento, die für eine einjährige humanitäre Aufenthaltserlaubnis für alle, die letztes
Jahr aus Libyen oder Tunesien kamen eintritt. Indem sie die Petition mit sich
brachten und die den Asylbewerbern der CARA präsentierten, ermöglichten sie es
ihnen, diese zu unterzeichnen und die politische Bedeutung der Kampagne
„Right to Choose“ zu stärken (http://www.meltingpot
.org/articolo17149.html).

Was früher als Residenz für US-Soldaten gedient hat, wurde als CARA von Mineo
im Jahr 2011 eröffnet. Die Eröffnung des „Mega-CARAs“ war eine Reaktion auf die
Ankunft von rund 40.000 Menschen in Folge des arabischen Frühlings und der Militärintervention
in Libyen, welche als „Notfall“ bezeichnet wurde. Bis heute werden fast 1900
Menschen in der CARA „beherbergt“ – viele von ihnen für viele Monate. Das
Antirassistische Netzwerk überwacht die Situation in Mineo und denunziert Menschenrechtsverletzungen
gegenüber den Asylbewerbern dort.