Borderline Sicilia ONLUS

Newsletter BORDERLINE SICILIA – November 2018

  • Salvini-Dekret: Beunruhigender Rückschritt Italiens in Sachen Menschenrechte
  • Unmenschliche Lebensbedingungen: Der Tragödie eine Stimme geben
  • Die Rhetorik der Hafenschließungen und die Kriminalisierung der NGOs

SALVINI-DEKRET: BEUNRUHIGENDER RÜCKSCHRITT ITALIENS IN SACHEN MENSCHENRECHTE

Menschenrechtsorganisationen, Gewerkschaften und ein großer Teil der italienischen Bevölkerung setzen ihren Kampf gegen das von Innenminister Matteo Salvini vorgelegte und von beiden Parlamentskammern ratifizierte Dekret zu Migration und Sicherheit fort. Das neue Gesetz betrifft Rechte, die in der Verfassung verankert sind, und wird zahllose Menschen in die Illegalität treiben und sie zwingen, auf der Straße, in Ausbeutungssituationen und gesellschaftlicher Unsichtbarkeit zu leben.

Tausende Menschen haben deswegen am 10. November in Rom protestiert und gezeigt, dass ein beachtlicher Teil der italienischen und zugewanderten Bevölkerung nicht mit den Maßnahmen der Regierung einverstanden ist und ein Gesetz, das die Rechte aller schmälern wird, aufs Schärfste verurteilt.
Ähnlicher Widerstand kam auch aus den Reihen der Organisationen und Initiativen des Migrationssektors. So haben sich 330 sizilianische Psycholog*innen der Bewegung „Psicologi con i migranti“ (etwa: Psycholog*innen Seite an Seite mit Migrant*innen) angeschlossen und die schwerwiegenden Konsequenzen angeprangert, die das Gesetz für die besonders Hilfsbedürftigen zeitigen würde.
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UNMENSCHLICHE LEBENSBEDINGUNGEN: DER TRAGÖDIE EINE STIMME GEBEN

Das politische Klima Italiens hat ein unerhörtes Niveau der Intoleranz und Vulgarität erreicht. Hieraus erklärt sich auch der exponentielle Anstieg verbaler und physischer Angriffe auf Migrant*innen. Machtlos müssen wir zusehen, wie immer weniger Seenotrettung stattfindet und die Zahlen der Toten auf dem Mittelmeer in Folge der Abkommen mit Libyen ansteigen. Die grausamen Haftbedingungen in den libyschen Lagern sind den Menschen, die in zunehmend verzweifeltem Zustand in Europa ankommen, wie Brandmale auf der Haut eingebrannt.
Die Hilfsbedürftigsten unter den Ankommenden werden in die aller entlegensten und unsichtbarsten Zonen des Landes– in gottverlassene Aufnahmezentren auf ausbeuterisch bewirtschafteten Ländereien – verbannt, damit ihr Leid ja nicht die Zivilbevölkerung „anstecke“. Letztere kriegt von alledem nichts mit – oder tut zumindest so.
Um diese Unsichtbaren sichtbar zu machen und die unmenschlichen Bedingungen, unter denen viele Migrant*innen leben müssen, wenn sie nach der grausamen Erfahrung der libyschen Gefängnisse die Festung Europa erreichen, hat Borderline Sicilia mit dem Projekt „Brücken statt Mauern – over borders“ die Theaterproduktion „Invisibili“ gefördert, die am 7. Dezember in Palermo Premiere feierte. Mohamed Ba erzählt darin die Geschichte zweier Afrikaner*innen, die nach ihrer Ankunft in Italien gemeinsam gegen die Armut kämpfen. Das Stück macht die unerträglichen Bedingungen, die Migrant*innen in Italien erwarten, sicht- und kritisierbar.
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DIE RHETORIK DER HAFENSCHLIESSUNGEN UND DIE KRIMINALISIERUNG DER NGOS

Die gelb-grüne Regierung (Lega und Movimento Cinque Stelle) scheint darum bemüht, ihre Wahlversprechen einzuhalten, was im Fall der Lega bedeutet, die Einwanderungsströme drastisch zu reduzieren und immer weniger Migrant*innen den Aufenthalt auf italienischem Territorium zu gewähren. Die vom Ministerium, aber auch von der UN-Menschenrechtsorganisation UNHCR veröffentlichten Zahlen zeigen tatsächlich einen Einbruch der Ankünfte, wobei dieser wohl weniger auf den Amtsantritt der neuen Regierung, noch auf die Rhetorik der Hafenschließungen zurückzuführen ist, als vielmehr auf das vom ehemaligen Innenminister Minniti unterzeichnete Abkommen mit Libyen. Libyen gilt auch der jetzigen Regierung als Verhandlungspartner: zuletzt beim absurden Gipfeltreffen, das trotz zahlloser Berichte aus der Hölle der libyschen Lager und dem fortdauernden Sterben auf dem Mittelmeer im November in Palermo stattgefunden hat.
Darüber hinaus werden Menschenrechtsorganisationen und NGOs weiterhin kriminalisiert und die Schiffe der Seenotrettungsorganisationen daran gehindert, die italienischen Häfen zu verlassen, um ihre wichtige und lebensrettende Mission auf dem Mittelmeer in Angriff zu nehmen. Zuletzt sorgte der Fall des Fischerbootes „Nuestra madre de Loreto“ für Aufsehen, das nach der Rettung von 12 in Seenot geratenen Personen tagelang auf dem Meer herumirren musste, bevor es an einem europäischen Hafen anlegen durfte.
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Übersetzung aus dem Italienischen von Laura Strack