Newsletter SICILIAMIGRANTS – Mai 2016

• Lampedusa: Migrant*innen protestieren gegen unmenschliche Auflagen, um Würde zu bewahren und Klarheit zu erlangen
• Wieder Hunderte Tote und Verschollene. Eine tägliche unannehmbare Tragödie führt sich fort
• Unbegleitete minderjährige Geflüchtete: Verlängerte Aufenthalte in Pozzallo und Verspätung in der Mittelverteilung für die Verwaltung der sizilianischen Zentren
• Das Cara* in Mineo bestätigt sich als neuer Hotspot. Berichte über Gewalteinsätze und erzwungene Umverteilungen in Ventimiglia
• Eine würdevolle Aufnahme wird immer unwahrscheinlicher: Der Fall der Migrant*innen aus Gambia in Palermo und der unbegleiteten Minderjährigen in Fondachelli
• News und Events: Borderline Sicilia startet das Projekt #OpenEurope in Zusammenarbeit mit Oxfam Italia und der Diaconia Valdese. In Catania findet ein Workshop zum Thema Aufnahme und Abschiebung statt
• Info und Kontakte

LAMPEDUSA: MIGRANT*INNEN PROTESTIEREN GEGEN UNMENSCHLICHE AUFLAGEN, UM WÜRDE ZU BEWAHREN UND KLARHEIT ZU ERLANGEN



Lampedusa ist ein Gefängnis unter freiem Himmel. Die Migrant*innen, die gesetzeswidrig und unter erniedrigenden Bedingungen festgehalten werden, protestieren und haben Hungerstreiks begonnen. Sie sind fest entschlossen, die ständigen Verletzungen ihrer Rechte nicht zu akzeptieren, die unmoralischen Auflagen eines Staates, der sich demokratisch schimpft, nicht zu erdulden und keine Spielfiguren innerhalb eines Systems zu sein, das nur die ökonomischen, politischen und militärischen Interessen der Europäischen Festung berücksichtigt. Hier ihre Argumente in einer an uns alle gerichteten Pressemitteilung.


http://siciliamigrants.blogspot.de/2016/05/lampedusa-kommunique-der-streikenden.html
http://139.59.164.81/2016/05/07/lampedusa-befreit-uns-aus-diese/
http://139.59.164.81/2016/05/08/das-versagen-des-hotspots-auf-lampedusa/

Der Protest wird weiterhin auch von denen unterstützt, die gesundheitlich angeschlagen sind, und gegen den wiederholten Druck der Ordnungshüter aufrechterhalten. Im Hotspot werden unterdessen die Strafaktionen weitergeführt und die ersten Nordafrikaner*innen sind abgeschoben worden: Aus der unrechtmäßigen Haft wird eine Abschiebung in ihre Ursprungsländer.


http://siciliamigrants.blogspot.de/2016/05/lampedusa-anhaltender-protest.html
http://139.59.164.81/2016/05/13/lampedusa-sie-nehmen-die-verlegungen/

Sogar die Unterstützung und die Solidarität der antirassistischen Vereinigungen und der Bevölkerung von Lampedusa werden von den Institutionen kriminalisiert. Borderline Sicilia ist sehr über dieses Verhalten besorgt und fordert Respekt für diejenigen, die infolge der kompletten Erfolglosigkeit der Europäischen Politik und der fehlenden Anerkennung der Grundrechte zu zivilem Ungehorsam und friedlichem Protest aufrufen.

http://139.59.164.81/2016/05/13/pressemitteilung-borderline-sicilia/

Nach einer Woche des Protestes sind fast alle Migrant*innen auf der Insel identifiziert
und befinden sich wieder im Hotspot, wo Rechtsverletzungen und unmenschliche Behandlungen fortgeführt werden. Währenddessen wird auf der Insel, die immer mehr militarisiert ist, jedes auch noch so kleine Nichteinverständnis von denen unwirksam gemacht, die nur ihr eigenes Interesse verteidigen wollen.

http://siciliamigranti.blogspot.it/2016/05/lampedusa-cessano-le-proteste-ma-le.html#more



WIEDER HUNDERTE TOTE UND VERSCHOLLENE: EINE TÄGLICHE UNANNEHMBARE TRAGÖDIE FÜHRT SICH FORT

Der Monat Mai beginnt und endet mit der Nachricht von neuen Schiffbrüchen und Tausenden Toten. Tote, die oft nur Zahlen sind und tägliche Tragödien, die vertuscht werden. Solange diese Nachrichten in der Presse sehr präsent sind, werden sie wie Notfälle “gehandhabt”, um nachher direkt in die Gleichgültigkeit zu versinken und sie werden nie in den Kontext gebracht, aus dem sie hervorgegangen sind. Derjenige, dem es anzukommen gelingt, immer mehr erschöpft und von den sich wiederholenden Tragödien zermürbt, wird mit immer strengeren militärischen Verfahren konfrontiert und wird in „Aufnahme“-Zentren untergebracht, die am Limit und darüber sind. Und das Sterben wird weitergehen in der ohrenbetäubenden Stille unserer “demokratischen” Gesellschaft.



http://139.59.164.81/2016/05/01/tage-der-trauer-und-proteste/
http://139.59.164.81/2016/05/26/ein-weiterer-schiffbruch-und-tausende/
http://139.59.164.81/2016/05/30/anlandungen-in-ostsizilien-wer-anko/
http://139.59.164.81/2016/05/19/erschopft-und-ausgehungert-namenlose/

Hunderte Migrant*innen kommen jetzt auch wieder über die ägyptische Route an. Die Ermittlungs-, Identifizierungs- und Auswahlverfahren werden zunehmend bei der Anlandung implementiert und dabei werden die Befindlichkeit und die Verwundbarkeit der Migrant*innen in pietätloser Weise außer Acht gelassen und bei den Umsiedlungen werden andere Kriterien und nicht die Schutzbedürftigkeit berücksichtigt. Als Priorität werden die Kontrolle und die Ermittlung der Bootsführer, häufig selbst minderjährige Geflüchtete, eingestuft und nicht der individuelle Schutz. Die Neuankömmlinge sind Zahlen und keine Menschen.

http://139.59.164.81/2016/05/14/von-agypten-nach-italien-hunderte-von/
http://siciliamigranti.blogspot.it/2016/05/arrivo-di-173-migranti-attraverso-la.html#more



Die Anlandung tausender Migrant*innen konzentrieren sich oft auf einige wenige Tage. Die Gleichgültigkeit und die unzureichende Einsatzbereitschaft eines Systems, das schon jetzt am Anfang des Sommers seine Grenze erreicht hat, sind offensichtlich. Überbelegung, Promiskuität und wiederholte Rechtsverletzungen zeichnen ein äußerst beunruhigendes Bild der Situation. In diesem Kontext wird auch der gute Wille der wenigen Helfer*innen durch die Aufrechterhaltung von ökonomischen ausbeuterischen Politiken zweckbestimmt und es scheint eine unmögliche Aufgabe, das Vertrauen zu denjenigen, die aus dramatischen Situationen zu uns flüchten, aufzubauen.

http://139.59.164.81/2016/05/28/das-notfallprinzip-wird-weiterhin/
http://139.59.164.81/2016/05/28/porto-empedocle-und-lampedusa-das/

http://siciliamigranti.blogspot.it/2016/05/sbarcano-palermo-in-604-bordo-della.html



UNBEGLEITETE MINDERJÄHRIGE: VERLÄNGERTE AUFENTHALTE IN POZZALLO UND VERSPÄTUNG IN DER MITTELVERTEILUNG FÜR DIE VERWALTUNG DER SIZILIANISCHEN ZENTREN


Im Hotspot von Pozzallo werden weiterhin unbegleitete Minderjährige unrechtmäßig wochenlang festgehalten. Dieses Verfahren ist komplett gesetzeswidrig und wird durch die Überbelegung, die Promiskuität und das Fehlen von elementaren Dienstleistungen, wie in vielen anderen Zentren, verschärft. Der Besuch von einigen Parlamentsabgeordneten und die Anprangerungen verschiedener Organisationen rücken diese unannehmbare und jedoch schon sehr etablierte Situation in den Fokus der Öffentlichkeit für ein paar Tage, aber der Wille zu konkreten Veränderungen ist noch lange nicht vorhanden.

http://139.59.164.81/2016/05/06/hotspot-von-pozzallo-uberbelegung-und/
http://139.59.164.81/2016/05/10/zahlen-keine-menschen-die-erstaufnahme/
http://139.59.164.81/2016/05/14/pozzallo-unbegleitete-minderjahrige/

In Agrigento erstarkt der friedliche Protest von einigen Verantwortlichen von Zentren für Minderjährige zusammen mit den Migrant*innen. Sie demonstrieren gegen Verspätungen in der Mittelverteilung von staatlichen Geldern, die für die Verwaltungskosten unentbehrlich sind und ohne die die elementaren Dienstleistungen nicht zu erbringen sind. Eine Kardinalfrage, die direkte und konkrete Folgen für die Lebensbedingungen der Minderjährigen hat, die nicht geschützt sondern komplett vernachlässigt werden.

http://siciliamigranti.blogspot.de/2016/05/dallegitto-allitalia-centinai-di.html



DAS CARA* IN MINEO BESTÄTIGT SICH ALS NEUER HOTSPOT. BERICHTE ÜBER GEWALTEINSÄTZE UND ERZWUNGENE UMVERTEILUNGEN IN VENTIMIGLIA



Das CARA* in Mineo ist als zukünftiger Hotspot auserkoren worden, es wird jedoch schon als solcher benutzt. Abgesehen von den erneuerten Gebäuden, beobachten wir schon seit Monaten, dass der Hotspot-Ansatz sich durchaus schon an der Mole oder in Zentren, die nicht ausdrücklich dafür vorgesehen sind, mit den daraus resultierenden Rechtswidrigkeiten und Zuwiderhandlungen, durchgesetzt hat. Einigen Migrant*innen, die nach Mineo umgesiedelt wurden, berichten in der Tat über Schläge und Gewalteinsatz seitens der Polizei, um an die Fingerabdrücke zu kommen. Neue Hindernisse und weitere Rechtsüberschreitungen, die jedoch nicht den Wunsch einer besseren Zukunft in denen, die ihre Flucht fortsetzen, bremsen können.

http://139.59.164.81/2016/05/20/im-aufnahmezentrum-fur-asylsuchende-von/
http://139.59.164.81/2016/05/23/einwanderung-die-zwei-gesichter-des/

Mineo bestätigt sich als symbolischer Ort des rechtswidrigen und repressiven Verfahrens. Ende des Monats sind am Cara*/ Hotspot auch etliche Migrant*innen angekommen, die in Ventimiglia abgefangen und mit dem Flugzeug zurück nach Sizilien „deportiert“ wurden. Eine wahrliche Odyssee, von der auch Minderjährige betroffen sind, die innerhalb Italiens von einem Ort zum nächsten geschoben und den Netzen der Menschenschleusern und deren Ausbeutung in einer immer offeneren Weise ausgesetzt werden. Unser Nicht-Aufnahmesystem mutiert zu einem Kontrollsystem.

http://139.59.164.81/2016/05/31/die-unbegleiteten-minderjahrigen/
http://139.59.164.81/2016/05/10/catania-illegales-sammelzentrum-von/


EINE WÜRDEVOLLE AUFNAHME WIRD IMMER UNWAHRSCHEINLICHER: DER FALL DER MIGRANT*INNEN AUS GAMBIA IN PALERMO UND DER UNBEGLEITETEN MINDERJÄHRIGEN IN FONDACHELLI



Etwa fünfzig Migrant*innen aus Gambia protestieren friedlich in Palermo, um eine würdevolle Unterbringung zu erlangen und die Notunterkünften, in denen sie seit Monaten ausharren, verlassen zu dürfen. Sie sind sich ihrer Rechte bewusst und in ihrem Wunsch nach Freiheit und Würde verfestigt und verlangen nur das was ihnen rechtsmäßig zusteht, die Regierung jedoch scheint nicht gewillt, ihnen das zuzugestehen.

http://139.59.164.81/2016/05/10/palermo-der-protest-der/


In der kleinen Gemeinde Fondachelli Fantina bei Messina wird ein Zentrum, in dem bis zu 130 Minderjährigen untergebracht sind, direkt vom Bürgermeister und den kommunalen Institutionen verwaltet. Ein Besuchsverbot, das allen Organisationen gegenüber ausgesprochen wurde, hindert uns nicht daran, über die wiederholten Rechtsverletzungen und die unrechtmäßigen Verfahren, die an der Tagesordnung in dieser Einrichtung sind, informiert zu werden und eben diese anzuprangern.

http://139.59.164.81/2016/05/04/fondachelli-fantina-130-unbegleitete/

Glücklicherweise können wir aber auch über zwar kleine, jedoch anhaltende positive Erfahrungen berichten. Borderline Sicilia hat das Zentrum Sprar* in Pachino besucht: Ein Musterbeispiel der verbreiteten, verteilten Aufnahme und des individuellen Schutzes, in dem die ausgesprochenen Ziele der Integration und sozialen Inklusion eine effektive Begleitung und Einfügung der Migrant*innen in die Gegend zur Folge haben und deshalb einigen von ihnen ermöglichen, das notwendige Vertrauen wiederzuerlangen, um für sich eine würdevolle Zukunft aufbauen zu können.

http://139.59.164.81/2016/05/23/besuch-in-den-von-der-organisation/

NEWS UND EVENTS: BORDERLINE SICILIA STARTET DAS PROJEKT #OPENEUROPE IN ZUSAMMENARBEIT MIT OXFAM ITALIA UND DER DIACONIA VALDESE. IN CATANIA FINDET EIN WORKSHOP ZUM THEMA AUFNAHME UND ABSCHIEBUNG STATT



Am 19. Mai in Rom wurde das Projekt OpenEurope vorgestellt, das von Oxfam Italia in Zusammenarbeit mit Borderline Sicilia und der Diaconia Valdese initiiert wurde. Es hat sich die Betreuung der Migrant*innen als Ziel gesetzt, die aus dem offiziellen Aufnahme- und Schutzsystem ausgeschlossen bleiben. Das Projekt sieht den mobilen Einsatz eines Teams von Oxfam Italia vor, das sich auf die östlichen Provinzen Sizilien konzentrieren wird, um dort erste Hilfe zu leisten und eine Orientierung in Rechtsfragen anzubieten. Die eigentliche Rechtsberatung wird durch Borderline Sicilia erfolgen und die Diaconia Valdese wird sich um die Aufnahme der dringendsten Fälle kümmern.

http://siciliamigrants.blogspot.com/2016/05/gestern-in-rom-vorgestellt-das-projekt_20.html


Am Samstag, 21. Mai hat der Workshop “Sizilien und Migrant*innen: Würdige Aufnahme oder Frontex und Abschiebungen?” in Catania stattgefunden, der vom Netz der Solidarischen Gemeinden in Zusammenarbeit mit dem Antirassistischen Netzwerk Catania organisiert wurde. Eine Gelegenheit, um die Auseinandersetzung zwischen verschiedenen Akteur*innen, die sich alle um den Schutz der Migrant*innen kümmern, anzuregen und um eine Alternative zu der Abschiebepolitik der Regierungen aufzuzeigen.

http://139.59.164.81/2016/05/22/san-berillo-in-ganz-italien-spricht-man/

INFO UND KONTAKTE



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*CARA Aufnahmezentrum für Asylsuchende
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Aus dem Italienischen von Antonella Monteggia