Newsletter SICILIAMIGRANTS September 2015

– Neuankömmlinge und neue Tote. In Sizilien entstehen Hotspots zwischen Aufnahme und Gefangennahme.
– Was wir vorfinden und was wir nicht mehr sehen wollen: Die Situation der Aufnahme und unbegleiteter Minderjähriger in Sizilien.
– Borderline Sicilia und die Delegation von LasciateCIEntrare* zu Besuch im Aufnahmezentrum für Asylsuchende in Mineo und in den CIE* in Trapani und Caltanissetta
– Lampedusa und Mineo: Nichts als Lippenbekenntnisse
– Neugikeiten und Ereignisse: Barfußmarsch durch Palermo zum Gedenktag am 3. Oktober in Catania

NEUANKÖMMLINGE UND NEUE TOTE. IN SIZILIEN ENTSTEHEN HOTSPOTS ZWISCHEN AUFNAHME UND GEFANGENNAHME

Migrant*Innen werden zu Zahlen reduziert, auch wenn in den letzten Monaten eher die Ziffern der Quotenverteilung zwischen den europäischen Ländern Diskussionen entfachen. Es sind inzwischen Tausende von Personen, die ankommen, falls sie auf hoher See überleben, und ihre eigene Vergangenheit und Zukunft in eine Ziffer gebannt sehen. In den großen Anlandungen Anfang des Monats kamen im Hafen von Pozzallo unzählige unbegleitete Minderjährige an. Die Geflüchteten erzählen von langen Überfahrten, manchmal sogar 20 Tage lang, während Nachrichten über einen Schiffbruch mit 23 Vermissten und einem Toten im offenen Meer vor Libyen umgehen. Die Schiffe von MSF* retten circa 1600 Personen an einem einzigen Wochenende.

*MSF: Medici senza frontiere – Ärzte ohne Grenzen

http://siciliamigranti.blogspot.it/2015/09/migranti-138-sbarcati-pozzallo.html
http://siciliamigrants.blogspot.it/2015/09/migranten-ein-schlauchboot-sinkt-vor.html

In den ersten Septembertagen hat sich auch in Messina die umfangreichste Anlandung seit Anfang des Jahres ereignet. Einige Wochen danach kommen in nur zwei Tagen circa 2000 Personen auf Sizilien an.
Die Erstaufnahme ist weiterhin für die in Catania angelangten und nach Palaspedini gebrachten Migrant*innen begrenzt. Zusammen mit der Unfähigkeit, die zahlreichen Ankommenden zu verwalten und der Ausrufung eines Notstandes, zeigt dies einen anhaltenden Mangel am Willen, eine Aufnahme zu planen, die es verdient diesen Namen zu tragen.

http://siciliamigranti.blogspot.it/2015/09/messina-arrivate-835-persone.html
http://siciliamigranti.blogspot.it/2015/09/domenica-di-sbarchi-in-sicilia-quasi.html
http://siciliamigranti.blogspot.it/2015/09/cinque-sbarchi-nel-fine-settimana-in.html

In Catania schließen die Behörden vor Ort mit dem Gesundheitsministerium ein Abkommen über die Gesundheitsvorsorge an den Landestegen und initiieren damit ein Pilotprojekt, das die sofortige Untersuchung durch Ärzt*innen und Krankenpfeger*innen nach der Ankunft ermöglicht, um Diagnosen zu stellen und die Verteilung von Bedarfsgütern voranzutreiben, um ansteckenden Krankheiten vorzubeugen und nach der klinischen Diagnose adäquate Erste Hilfe zu leisten.
In der Zwischenzeit ist die Situation für die Hunderten im Norden von Sizilien angekommenen Migrant*innen nicht wirklich gut. Sie landen in der totalen Gleichgültigkeit der Institutionen und von vielen „Fachleuten“, die sich darum kümmern, Ausschreibungen zu gewinnen und Kapital aus der vermeintlichen Unterstützung der Neuankömmlinge zu schlagen. Derweil sind die Geschichten der unbegleiteten Minderjährigen, die sich auf der Flucht in der Stadt treffen, immer inhumaner: Mangel an Kommunikation, Verlassenheit, Ausbleiben jeglicher Vermittlung: Es ist auch deshalb, warum viele von ihnen aus den Aufnahmezentren fliehen, ohne über ihre Rechte und ihre Zukunft Bescheid zu wissen.

http://siciliamigranti.blogspot.it/2015/09/la-sanita-catanese-anticipa-i.html
http://siciliamigrants.blogspot.it/2015/09/wir-haben-auch-das-letzte-funkchen.html

Inzwischen erwartet man in Sizilien die Öffnung der berüchtigten Hotspots. Auf der Insel werden insgesamt fünf Zentren vom italienischen und europäischen Personal von EASO*, Eurojust*, Interpol und Europol in Betrieb genommen und von Frontex koordiniert. Der Arbeitsbeginn zur Identifizierung, Systematisierung, Umsiedelung und Haft ist für Oktober vorgesehen, mit potenzieller Inhaftierung aller, die eine Registrierung verweigern. Die Planung solcher Art von Zentren wird auch von Arci* und von Cir* verurteilt, welche beobachten, dass Europa sich von der fundamentalen Frage nach den Rechten von Migrant*innen entfernt, nämlich von der Öffnung der humanitären Kanäle.

*EASO: European Asylum Support Office – Europäisches Unterstützungsbüro für Asylfrage
*Eurojust: Einheit für justizielle Zusammenarbeit der Europäischen Union
*Cir: Italienischer Rat für Geflüchtetenrechte
*Arci: Italienischer Kulturverband

http://siciliamigranti.blogspot.it/2015/09/migranti-in-sicilia-i-cinque-centri.html
http://siciliamigrants.blogspot.it/2015/09/hotspots-seit-dem-17-september-es.html
http://siciliamigrants.blogspot.it/2015/09/die-gruppe-incipit-meint-nennen-wir-sie.html

Die Gefahr von neuen Hotspots ist offensichtlich, auch im Lichte der letzten Fälle von illegitimen Handlungen und Verhaftungen in Erstaufnahmezentren in Lampedusa und Pozzallo, die durch Videoaufnahmen und Erzählungen von Migrant*innen dokumentiert sind. Dafür wurde Italien vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt. Die Zähheit und erneute Solidarität von Seiten der Zivilgesellschaft und antirassistischen Vereinigungen sieht in den neuen Zentren eine Verschiebung von der Aufnahme hin zur Gefangennahme, und ruft zum Stopp von Abschiebungen in unsichere Länder auf und zur Ausweitung des internationalen Schutzrechts für jede*n Migrant*in, auf der Basis der jeweiligen individuellen Geschichte.

http://siciliamigranti.blogspot.it/2015/09/hot-spot-centri-di-primo-soccorso-ed.html#more

Ein immer wichtigerer Aufruf, der auch zur Wachsamkeit gegenüber den Rechten von Migrant*innen aufruft. Ende des Monats hat Angelo Malandrino, Vizechef der Abteilung für bürgerliche Freiheiten und Immigration, bestätigt, dass das Aufnahmezentrum in Lampedusa probeweise als Hotspot fungiert. Es wird auf genaue Angaben aus Brüssel gewartet, wie viele Migrant*nnen in andere Länder verlegt werden. Die identifizierten MigrantInnen scheinen bereits circa 250 zu sein, vorwiegend aus Eritrea, die innerhalb von 24 Stunden widerstandslos verlegt wurden.

http://siciliamigranti.blogspot.it/2015/09/lampedusa-aperto-lhotspot-gia-250.html

WAS WIR VORFINDEN UND WAS WIR NICHT MEHR SEHEN WOLLEN. DIE SITUATION DER ZENTREN UND DER UNBEGLEITETEN MINDERJÄHRIGEN IN SIZILIEN

Die Zivilgesellschaft und antirassistische Vereine werden immer mehr von der Realität der Lebensbedingungen in Aufnahmezentren ferngehalten. So versucht Borderline Sicilia in Agrigent mithilfe von Zeugenberichten der Migrant*innen vor Ort, zu verstehen, was passiert. Villa Sikania, in Siculiana gelegen, ist eine Einrichtung, die von dem Kulturverein Cometa geführt wird, der gemeinsam mit dem bekannten Verein Acuarinto arbeitet. Dort werden Fälle von Überfüllung registriert, die alles andere als selten erscheinen und der einzige Dienst, der wirklich funktioniert, ist die durch die Hilfe von Mediator*innen durchgeführte Kommunikation.
In der Einrichtung sind circa seit einem Monat ungefähr 20 unbegleitete Minderjährige, die aus dem mittlerweile geschlossenen außerordentlichen Aufnahmezentrum von Naro verlegt wurden, und befinden sich dort in eingeschränktem Schutz.

http://siciliamigrants.blogspot.it/2015/09/geschichten-aus-siculiana-licht-und.html
http://siciliamigrants.blogspot.it/2015/09/geschichten-aus-siculiana-teil-2-licht.html

Im Agrigent wird außerdem das Fehlen von Tutor*innen von großen Schwierigkeiten für diejenigen begleitet, die das Amt ausführen. Die Tutor*innen beschweren sich, die Institutionen ließen sie im Stich und selten kollaborierten die Mitarbeiter*innen der Zentren. In den Aufnahmezentren machen sich währenddessen die Verspätungen der Auszahlungen von öffentlichen Geldern in Einschnitten der Mediations-, psychologischen und juristischen Aktivitäten bemerkbar. Eine Planung, die diesen Namen verdiene, ist somit auch für die in Intergrationsaktivitäten aktivsten Betreiber von Zentren unmöglich, oder für diejenigen, die am gewieftesten im Kampf gegen verwaltungstechnische Schwierigkeiten, wie es in Marzara del Vallo geschieht. Man ist also noch weit entfernt von einer Zukunft ohne Ausbeutung und realer sozialer Inklusion hunderter von Menschen, die immer weiter ankommen, mit einem immer niedrigeren Durchschnittsalter und in unpassenden Einrichtungen untergebracht. Das alles schafft weitere Hindernisse in der Verwaltung der Aktivitäten und in der Qualität der Betreuung von Minderjährigen, wie es auch in den kleinen Gemeinden von San Giovanni La Punta und S. Agata Li Battiati in der Provinz con Catania geschieht

http://siciliamigranti.blogspot.it/2015/09/laccoglienza-nellagrigentino-la.html
http://siciliamigranti.blogspot.it/2015/09/visita-ad-una-comunita-per-minori.html
http://siciliamigrants.blogspot.it/2015/09/im-alter-von-12-jahren-das-meer.html
http://siciliamigrants.blogspot.it/2015/09/besuch-der-zentren-fur-unbegleitete.html

Besorgniserregend ist auch das Los der unbegleiteten Minderjährigen in Messina, wo eine aufmerksame Bürger*innenschaft es nicht versäumt, Vorschläge zu machen und mit großer Aufmerksamkeit die Migrant*innen betreffenden Situationen zu verfolgen. Vom Verein Peppino Impastato kommt eine prompte Anzeige des Vorfalls, dass Minderjährige, die im örtlichen Aufnahmezentrum untergebracht sind, bei einer Abschiedszeremonie für Fallschirmjäger gesichtet wurden, die im Aufbruch Richtung Afghanistan waren. Dies wurde als unwürdige Geste derer verurteilt, die für den Schutz und die soziale Integration der jungen Geflüchteten verantwortlich sind, da diese aus von Krieg und Armut zerrissenen Ländern geflohen sind, unverschämterweise dazu eingeladen werden, diejenigen zu feiern, die gehen um zu kämpfen. Der fünfte Bezirk von Messina drängt die Gemeinde, den Migrant*innen zu erlauben, ihre Zeit in Freiwilligenarbeit zu investieren, und vor allem und besonders dringlich, alternative Lösungen für die Aufnahmezentren vor Ort zu bieten.

http://siciliamigranti.blogspot.it/2015/09/comunicato-stampa-circolo-peppino.html
http://siciliamigrants.blogspot.it/2015/09/messina-polemik-bzgl-der-aufnahme-von.html

Auf Gesetzesebene verspricht auch das neue Dekret der Regierung, welches am 30. September in Kraft tritt, keine großen Verbesserungen. Das Cir* äußert Bedenken gegenüber einer Reform, welche die Erhöhung der Fälle von administrativer Haft voraussehen lässt, gleichzeitig aber weder die schlechte Verwaltung der Aufnahmezentren nicht anzugreifen scheint, auch wenn strengere Kontrollen vorgesehen sind, noch die das schlechte Funktionieren der Verfahren auf bürokratischem und administrativem Niveau. Die Möglichkeit, die Migrant*innen gegeben wurde, Arbeit schon nach zwei Monaten aufnehmen zu können, geht nicht im Gleichschritt mit dem Perfektionieren der Aktivitäten der örtlichen Kommissionen und mit der Planung von konkreten und alltäglichen Integrationsaktivitäten. Dadurch entsteht das Risiko, dass die Migrant*innen noch Monate und Jahre auf ihre Papiere warten, während Viele gleichgültig bleiben, und isolieren sich im Laufe der Zeit selbst, um nicht jeden Tag die fragilen Brücken neu aufzubauen, um durchzuhalten. So geschieht es in einigen außerordentlichen Aufnahmezentren in der Peripherie von kleinen Städten

*Cir: Italienisches Konsilium für die Rechte von Geflüchteten

http://siciliamigranti.blogspot.it/2015/09/cir-riforma-del-diritto-dasilo-in.html
http://siciliamigrants.blogspot.it/2015/09/besuch-in-einem-cas-in-modica.html

BORDERLINE SICILIA UND DIE DELEGATION VON LASCIATECIENTRARE* ZU BESUCH IM AUFNAHMEZENTRUM FÜR ASYLSUCHENDE IN MINEO UND IN DEN CIE* IN TRAPANI UND CALTANISSETTA

Borderline Sizilien besucht das Aufnahmezentrum für Asylsuchende in Mineo mit einer Delegation des Netzwerkes LasciateCIEntrare*. Auch dieses Mal sind Fotoaufnahmen und Videoaufnahmen verboten. Unser Besuch steht unter Führung und wird nur in den Gemeinschaftsräumen zugelassen. Eine Möglichkeit mit den Migrant*innen ins Gespräch zu kommen besteht folglich nur außerhalb des Zentrums. Abernals werden wir Zeug*innen der Scheinheiligkeit derer, die viel zu verbergen haben.

*LasciateCiEntrare – dt. Übersetzung: Lasst uns rein; enthält das Akronym CIE für Centro di Identificazione ed Espulsione: Abschiebungshaft
*CIE für Centro di Identificazione ed Espulsione: Abschiebungshaft

http://siciliamigrants.blogspot.it/2015/09/die-delegation-von-lasciatecientrare.html

Nachdem der Delegation des Netzwerkes LasciateCIEntrare das Betreten des CIE* in Trapani im Ortsteil Milo verwehrt wurde, verschafft sich Borderline Sicilia mit einem Senatsmitglied und einem Europaparlamentarier Zugang zum Zentrum. Der unmittelbare Umbau der Zentrums in einen Hotspot bedingt hygienische und sanitäre Umstände, die menschenunwürdig sind. Im Schubhaftzentrum sind 116 marokkanische Bürger*innen untergebracht, die einen verzögerten Abschiebungsbescheid erhalten haben. Sie können sich gegenwärtig auf keinerlei Schutz berufen und sie haben keine Information zu ihrem juristischen Status erhalten.

http://siciliamigranti.blogspot.it/2015/09/lasciatecientrare-visita-al-centro.html
http://siciliamigranti.blogspot.it/2015/09/santangelo-il-cie-di-milo-va-chiuso.html
http://siciliamigrants.blogspot.it/2015/09/lasciatecieentrare-fordert-die-cie-in.html

Borderline Sicilia besucht mit dem Netzwerk LasciateCIEntrare das Schubhaftzentrum und das Aufnahmezentrum für Asylsuchende in Caltanissetta. Zum x-ten Mal wird uns der Zugang zum Zentrum ohne schriftliche Erklärung oder Erläuterung erschwert. Zudem wird die Möglichkeit mit den Migrant*innen zu kommunizieren durch Auflagen und Einschränkungen stark erschwert. Wir stellen im Aufnahmezentrum unmenschliche hygienische Zustände fest und es fehlt an Schutzmaßnahmen und Fürsorge. Es ist nur wenig Personal anwesend und die Rechtsberatung ist von zweifelhafter Kompetenz. Diese sind unfähig, sowohl die Unterbringung unbegleiteter Minderjähriger in solch einem Zentrum zu umgehen, als auch die wöchentliche Beihilfe und Beratung für die vielen Migrant*innen zu leisten. Es ist ein Ort der Gefangenschaft, an dem Hunderte von Geflüchteten gefangen gehalten werden ohne einen Grund dafür zu kennen, ohne Gebrauch von ihren Rechten machen zu können und ohne Verteidigung. Sie sind rechtlos und stimmlos.
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LAMPEDUSA UND MINEO: NICHTS ALS LIPPENBEKENNTNISSE

Seit Jahren verkörpert Lampedusa im allgemeinen Bewusstsein ein Symbolort der Grenze. Dies lässt sich auf die Macht der Gespräche und der Rhetorik der diversen Akteur*innen zurückführen, die sich in den Medien zu Wort melden wenn es darum geht, Belange hinsichtlich des Themas Migration zu diskutieren. Beispielhaft dafür ist die Preisverleihung des „Premio della Bontà“, (wörtlich Preis der Güte) an die Pelagischen Inseln, die für ihr humanitäres Wesen, für die Willkommenskultur der Bewohner*innen und für die Leitung des Erste-Hilfe-Zentrums auf der Insel ausgezeichnet wurden. In Wirklichkeit jedoch werden dort jedwede Grundrechte ignoriert.

http://siciliamigranti.blogspot.it/2015/09/lampedusa-io-ci-sono-io-vedo-io-so.html
http://siciliamigranti.blogspot.it/2015/09/sul-premio-internazionale-della-bonta.html

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erkennt die unrechtmäßige Haft in einem ungeeigneten Ort dreier Tunesier an, die im Erste Hilfe- und Aufnahmezentrum im Bezirk Imbriacola im Jahr 2011 festgehalten wurden. Gleichzeitig hat der Europäische Gerichtshof auch die Unmöglichkeit der Verteidigung der Festgehaltenen angezeigt, auch anlässlich ihrer bevorstehenden Rückführung nach Tunesien.

http://siciliamigranti.blogspot.it/2015/09/a-lampedusa-trattati-come-bestie.html

Die Strafe zu 80 Jahren Haft für die Mitglieder der Organisation, die für das Bootsunglück vor Lampedusa am 3. Oktober 2013 verantwortlich gemacht werden, wurde verkündet. Bei dem Unglück verloren 366 Menschen ihr Leben. Doch nahezu jeder Versuch, das Mittelmeer zu überqueren, fordert das Leben Hunderter Migrant*innen. Angesichts dieser Leichen verstummen die europäischen Institutionen. Zum Glück halten viele Bürger*innen mit ihrer offenen Haltung diesem Schweigen entgegen. Sie öffnen sich jenen, die versuchen Europa zu erreichen und dabei Meer, Mauern und Stacheldrahtzäune hinter sich lassen.

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Es wurde bereits viel über das Aufnahmezentrum in Mineo berichtet. Es ist dort unmöglich, ein menschenwürdiges Leben zu führen. Sich in Gelassenheit und Ausgewogenheit zu üben, das ist hier für Viele zum Ziel geworden. Viele sind gezwungen an diesem schrecklichen Ort Jahre zu verbringen ohne jedoch eine Garantie auf das Mindestmaß an Betreuung zu haben. Demnach lebt es sich weit weit weg von der Möglichkeit, einen Erfolg versprechenden den Pfad der Integration einzuschlagen. Anfang des Monats erzeugte die Beschuldigung des Mordes an einem Ehepaar aus dem Städtchen Palagonia zu Lasten eines Migranten aus dem Aufnahmezentrum in der gesamten Gegend Spannungen Diese kulminierten in einer nationalweiten Mediendebatte und nährten den Rassismus und die Fremdenangst vieler Bürger*innen.

http://siciliamigrants.blogspot.it/2015/09/das-cara-von-mineo-ist-ein-ort-des.html
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Im Aufnahmezentrum für Asylsuchende in Mineo sind derzeit 3000 Personen untergebracht. Zudem sind 400 Arbeitskräfte einquartiert und es ist ein lukratives Geschäft für die wenigen Genossenschaften, sich die vorhandenen Arbeitsressourcen zu teilen. Wer Arbeit in Aussicht stellt erhält im Gegenzug Unterstützung seitens der Politik. Dies wird jedoch alles auf dem Rücken der Geflüchteten ausgetragen, obwohl seit Monaten dagegen ermittelt wird. Auch das Wochenmagazin L’Espresso dokumentiert die tiefgründig bestehenden Zusammenhänge zwischen der Gründung des Aufnahmezentrums, den Bedingungen der Unsichtbarkeit und dem Verschwinden und Fehlen der Dokumente von Migrant*innen, die dort untergebracht sind, sowie der zunehmenden Ausbeutung von Arbeitsressourcen in der Gegend.

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NEUIGKEITEN UND EREIGNISSE: BARFUSSMARSCH DURCH PALERMO, GEDENKTAG AM 3. OKTOBER IN CATANIA

Die Forderung nach einem Europa ohne Mauern und Schranken – dafür fand am 10. September nicht nur in Palermo, sondern in vielen italienischen Städten ein Barfußmarsch statt. Jede Woche versammelt sich die Zivilgesellschaft, um die Scheinheiligkeit und Heuchelei der Regierung öffentlich zu verurteilen. Diese provoziert mit ihren kriegstreibenden und kapitalistischen Praktiken die Flucht vieler Migrant*innen, um dann nur einen Teil von ihnen willkommen zu heißen. In Gedanken schon längst überlegend, wie deren Eingliederung möglichst ökonomisch und profitabel abgewickelt werden kann, werden die Anderen still, heimlich und leise ausgebeutet oder man lässt sie einfach sterben.

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In Catanien jährt sich zum 2. Mal der Gedenktag des Bootunglückes vor Lampedusa am 3. Oktober 2013. Antirassistische Organisationen nehmen dies zum Anlass, um die fortschreitende Militarisierung der Festung Europa und die rassistische Rückführungspolitik der Stadt scharf zu kritisieren.

http://siciliamigranti.blogspot.it/2015/09/3-ottobre-2013-3-ottobre-2015-mai-piu.html

übersetzt aus dem Italienischen von Laura Pfister und Simone Rosa Pfleger