Empfang mit vollem Aufgebot – Ankunft von 358 Migranten in Palermo


Um 12 Uhr heute vormittag legte das Patrouillenschiff der italienischen Marine „Libra“ im Hafen von Palermo an. Sie brachte im Rahmen der Mare Nostrum Mission 358 Migranten, die sie im Kanal von Sizilien südlich von Lampedusa gerettet hatte, an Land. Alles war vorbereitet: fünf Krankenwagen, Dutzende von Mitarbeitern des italienischen Roten Kreuzes, die ein Zelt für die Ankunft bereit gestellt hatten, der örtliche Gesundheitsdienst ASP, diverse Übersetzer (ca. 8) und eine grosse Gruppe von „Honoratioren“, unter ihnen der Beigeordnete für Migration in Palermo Giusto Catania, der Bürgermeister von Palermo Leoluca Orlando und Vertreter der katholischen Kirche.
Leider waren nur zwei Vertreter vom Projekt Praesidium (Save the Children und UNHCR) anwesend, um die Situation der Migranten zu begutachten. Wir mussten, wie alle Journalisten, in eine Art abgesperrten Käfig, um nicht zu stören. Es war die erste Anlandung seit September 2013 in Palermo. Wenn es hier, wie in anderen sizilianischen Häfen, jeden Tag eine oder mehrere Anlandung/en gäbe wäre das ganze Bohei sicher längst verschwunden. Aber der Transport der Migranten nach Palermo, in den am weitestens von den Rettugnsorten entfernten Hafen zeigt, dass weder in den anderen Häfen noch den dort naheliegenden Zentren Platz ist. Wir sind, um es mit der Sprache der Journalisten zu sagen „dem Kollaps nahe“.
Man berichtet uns, dass die Migranten aus Mali, Ghana, Niger und Nigeria, dem Sudan, Syrien, Eritrea kommen. Unter ihnen auch Palästinenser und, das ist noch nicht bestätigt, eine türkische Frau. Insgesamt, so sagt man uns, seien 43 Frauen und 24 Kinder an Bord gewesen. Die Kommandantin der „Libra“, Catia Pellegrino, kommt an Land und spricht mit den Journalisten. Sie ist die einzige Kommandantin in der italienischen Marine, erst 38 Jahre alt.
Die „Libra“ hat, so sagt sie, zwei Boote gerettet und dann gestern früh morgens die von der Fregatte „Eliseo“ geretten Migranten auf See übernommen. Gestern nachmittag gab es eine Sitzung in der Präfektur von Palermo, bei der geklärt wurde, wie und wo die Migranten hingebracht werden sollen. Somit war für heute alles bestens vorbereitet, was man sich mit wenig Ankünften und viel Zeit vor der Anlandung erlauben kann.

Asl wir den Hafen erreichen legt die „Libra“ gerade an. Die Männer befinden sich auf dem offenen Obderdeck während die Frauen in dem überdachten Deck untergebracht sind. Einige Journalisten, die von der Mole aus Aufnahmen machen, tragen Atemschutzmasken. Wir fragen uns, wovor sie wohl Angst haben. Vor starken Viren, die vom Schiff auf die Mole springen? Die ersten, die von Bord gehen, sind eine im siebten oder achten Monat schwangere Frau und ihr Mann, der sich an einem Fuß verletzt hat. Dann folgen nach einer langen Zeit der Vorbereitung erst die Frauen und dann die Männer in 10er-Gruppen. Sie werden in die Zelte des Roten Kreuzes und der Polizei gebracht, die dort sofort Fotos – auch von den Kindern – macht, wie uns ein vor Ort anwesender Anwalt berichtet.
Ein Mitglied des Ausländerbeirats erklärt uns, dass die Migranten in verschiedene Übergangseinrichtungen in Palermo, Bagheria, Piana degli Albanesi, Partinico und San Cipriello gebracht werden. Die Familien sollen in ein zentral gelegenes Heim in Palermo gebracht werden, das von der Caritas geführt wird. Als wir den Hafen gegen 14:30 uhr verlassen befinden sich immer noch sehr viele Flüchtlinge an Bord und kein Bus hat den Hafen bisher verlassen.

Judith Gleitze
Borderline Sicilia/borderline-europe


Die „Libra“ legt an










Der Bürgermeister von Palermo, L. Orlando




Catia Pellegrino, die Kommandantin