„Das Lager“ von Lampedusa – Die entkleideten Migranten im Zentrum „Imbriacola“

Meltingpot – Ausgezogen, eingereiht, gedemütigt und einer Desinfektion unterzogen. Das sind die Bilder die vom TG2 (zweite staatliche Fernsehen) im Zentrum „Imbriacola“, auf Lampedusa aufgezeichnet wurden. Szenen die an längst vergangene Bilder erinnern und die keiner mehr sehen wollte: Frauen, Männer, Eritreer, Somalier, Syrer, Ghanesen, Kurden, nackt im Innenhof des Erstaufnahme- und Hilfe-Zentrums. Sie werden von einem Wasserstrahl abgespritzt. Die Desinfektion soll ein Krankheit bekämpfen, die im Zentrum fast zum Protokoll gehört. Jedoch, in fast allen Fällen, infizieren sich Migranten erst in Italien mit der Krankheit, wegen den „Aufnahme-Bedingungen“ denen sie ausgesetzt sind.
Nur wenige Stunden nach Ausstrahlung des Bildmaterials, am 17. Dezember, hat UNHCR (das UN Flüchtlingshilfswerk) in einem Kommentar die Bedingungen im Zentrum und das Nicht-Übersiedeln der Flüchtlinge in andere Zentren, angeklagt.

Unter den unfreiwilligen Gästen des inhumanen Zentrums „Imbriacola“ sind auch die 16 Überlebenden des Bootsunglücks vom vergangenen 3. Oktober. Sie sind Zeugen in einem Rechtsverfahren gegen Schleuser und Schlepper, das von der Staatsanwaltschaft von Agrigento eingeleitet wurde. Seit Monaten sind die 16 gezwungen unter beklagenswerten Bedienungen auf der Insel zu leben. Sie flüchteten vor Kriegen und Verfolgungen, vor Folter und Gewalt, um daraufhin Italien zu erreichen und seinen Behörden ausgeliefert zu sein. Die Zustände hier ähneln sehr jenen inhumanen und entwürdigenden Bedienungen die immer wieder von internationalen Konventionen getadelt werden.

Man spricht von Libyen, von Syrien, von Eritrea, vom Iran, von Russland, von China, aber wenn sich die selbe Realität in Italien abspielt wird alles klein geredet. Es handelt sich um einen Fehler, maximal um eine beschämende Episode, ohne aber jemals der Sache auf den Grund zu gehen. Aus genau so einem Grund wurde Lampedusa angeprangert. Wo die Opfer vom Bootsunglück vom 3. Oktober seit mehr als zwei Monaten noch immer ein Grenzleben führen, weil sie gezwungen sind die Bühne eines Schauspiels zu sein, das sich um das Grenzdrama handelt.

Einerseits werden Millionen von Euro für Militärpatrouillen und Investitionen in die Militarisierung der Grenze ausgegeben und auf der anderen Seite ist das Leben von tausenden Frauen und Männer. Diese hören immer noch nicht auf sich fortzubewegen auch trotz der enormen Kontrollmechanismen die vom Staat eingesetzt werden. In der Mitte ist die Gewalt in Form von Folter und Einschüchterung, in Form von Internierung oder Erpressung, an die sich nicht nur die Mitarbeiter der Aufnahme Genossenschaft von Lampedusa aber ganz Europa gewöhnt zu haben scheint.

Der 18. Dezember wird ein Tag der globalen Mobilisierung gegen diese Barbarei, deren Anwendung an den Grenzen am sinnbildlichsten ist. Diese Barbarei betrifft allerdings die Rechte aller; Die Rechte jener die sich bewegen, jener die sterben oder ihr Leben riskieren, um Europa zu erreichen und auch jener die es schaffen, sich aber darauf in einem hierarchischen, differenzierten und leeren System wieder finden. Ein Prozess der Entleerung der Rechte von dem nicht nur Migranten betroffen sind sondern ganz Europa.

Nach dem Selbstmord eines eritreischen Asylantragstellers in Mineo, am vergangenen 15. Dezember, wurden Mobilisierungsinitiativen angekündigt. Dieser Eritreer hat viel zu lange auf die Antwort der Kommission, die über seine Anerkennung von internationalen Schutz entscheidet, gewartet. Die Wartedauer in Palermo und Niscemi sind ähnlich lange wie in Mineo. In Rom ist ein Protestumzug von Einwohnern und Migranten am Esquilino Platz gelpant, bereits um 16.30. In Bologna wurde ein Treffen bezüglich der nicht Öffnung eines Identifikation- und Abschiebezentrums (Centro di identificazione ed espulsione, CIE) in der Mattei Straße, für 18.00 Uhr organisiert. Weitere Initiativen und Aktionen sind in hunderten Städten Italiens, Europas und der Welt vorausgesagt.

Die Agenda der Bewegungen auf diesem Gebiet ist enorm. Vereinigungen, Bewegungen, Organisationen werden vom kommenden 31. Dezember bis zum 2. Februar 2014 auf der Insel Lampedusa erwartet, um zusammen mit dem Bürgermeister die Situation zu verändern. Außerdem hat die Delegation geplant einen Plan für Lampedusa zu verfassen und gleichzeitig einen neuen Horizont für die Insel, die es nicht mehr ertragen mag. Ein Funke Hoffnung, diese Migranten weder auf Lampedusa noch irgendwo anders noch einmal sehen zu müssen.

Bilder von Valerio Cataldi für Tg2

Die Redaktion von Borderline Sizilien

Aus dem Italienischen von Elisa Tappeiner