Migrant*innen, wenig Wasser und keine Pause bei den Verlegungen. Ein Polizist: „Wenn es Probleme gibt, kümmern wir uns darum.“

Aus MeridioNews

„Wir sollen niemanden aus den Autobussen aussteigen lassen, sonst endet es damit, dass alle die Pisserei bekommen.“ Das ist der Befehl eines Polizisten an die Fahrer*innen der 15 Busse bei der Abfahrt aus dem Hafen von Catania nach einer der letzten Anlandungen in der Hauptstadt der Ätna-Region. „Das ist eine Praxis, die sich wiederholt“, beklagt Giulia Capitani von Oxfam Italien.


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„Wir dürfen niemanden aus dem Bus aussteigen lassen, denn sie sind noch nicht erkennungsdienstlich behandelt worden und sie dürfen nicht abhauen.“ Die Anordnung der Polizei richtet sich an die Fahrer*innen der 15 Busse bei der Abfahrt aus dem Hafen von Catania am vergangenen Freitag. Sie haben den Auftrag, die 745 Migrant*innen zu transportieren, die von der Sicaan Land gegangen sind, einem Schiff der italienischen Marine . „Inspektor, das Problem ist, dass diese Leute auf die Toilette müssen, letztes Mal haben sie in Plastikflaschen gepinkelt“, wendet einer der Busfahrer*innen ein, die mit den Leitern der Quästur zum Gespräch versammelt sind. Aber die Anweisungen waren klar: Kein Halt an Raststätten, außer im Notfall. „Keiner darf die Initiative ergreifen; wenn es irgendwelche Probleme gibt, sagt es, wir kümmern uns darum; sonst endet es damit, dass alle die Pisserei bekommen,“ war die Antwort des Polizeihauptmeisters des mobilen Einsatzkommandos der Ätna-Region.

„Letztes Mal haben sie den Migrant*innen für die Fahrt nach Mailand nur ein Brötchen und eine Flasche Wasser gegeben“, erzählt einer der Fahrer*innen den MeridioNews. „Wir haben für die Kinder ein bisschen Milch und Kekse gekauft, sie haben ihnen nichts gegeben“, meldet sich ein anderer Fahrer zu Wort, der vor allem beklagt, dass es nicht ausreichend Wasser gegeben hat, um die Wüsche der Passagiere zu erfüllen. „Aus den Aussagen, die wir von den aktiven Mitarbeiter*innen im Land gesammelt haben, geht leider hervor, dass sich diese Praxis bei jeder Anlandung wiederholt, wenn die Migrant*innen für Bestimmungsorte außerhalb Siziliens vorgesehen sind.“ Giulia Capitani ist diejenige, die in diesen Beziehungen eingreift; sie ist verantwortlich für die Abteilung Immigration bei Oxfam Italien, einer NGO, die innerhalb des Projektes Open Europe seit Monaten die Aufnahmepraxis auf Sizilien beobachtet. „Wie es scheint, hält der Bus circa alle vier Stunden“, erklärt Capitani, „eine viel zu lange Fahrtzeit, wenn man die körperlichen Bedürfnisse der Menschen bedankt, schafft dies offensichtliche hygienische Probleme.“

Die geretteten Migrant*innen an Bord des Marineschiffes, das jetzt vertäut an Mole 12 zwischen einem türkischen Marineschiff und einem Kreuzfahrtschiff liegt, kamen alle aus Afrika südlich der Sahara. Unter ihnen auch zwei Verletzte und eine verstorbene nigerianische Frau, die ein Kind von acht Jahren zurück lässt. Bei dem Zwischenstopp in der Ätna-Region hat die Polizei, unterstützt von Frontexagenten, nur die Voridentifikation vollzogen, das heißt die Registrierung der Namen. Nachdem die Operation am späten Abend beendet war, wurden die Migrant*innen nach Cosenza transportiert, dort verteilt und von dort in Aufnahmezentren von Bari, Bologna und in weitere Regionen Norditaliens gebracht.

Eine Prozedur, die nach Capitani „absolut unklar“ ist. „Wir sind verwirrt angesichts dieses neuen Systems, bei der die Identifikation nicht am Ort der Anlandung sondern an anderen Orten durchgeführt wird; und das im Gegensatz zu dem, was die ministerielle Anweisung vorsieht“, erklärt Capitani. „Wir fragen uns jetzt, wo die Fingerabdrücke abgenommen werden, durch wen und mit welchen Garantien für die Asylsuchenden“, fährt sie fort „wir werden diese Frage in den nächsten Wochen vertiefen und bei den Ordnungsämtern nachfragen, denn in dieser Angelegenheit herrscht eine totale Intransparenz.“

Gianmarco Catalano

Übersetzung aus dem Italienischen von Rainer Grüber