Tagebuch auf Lampedusa[InFestival]: Stell dir vor…


Gianpiero Caldarella (ASKAVUSA Kollektiv) präsentiert Ausschnitte des Comics:


„Sulla Stessa Barca“ („Im selben Boot“) von Mauro Biani


Am Strand der „Isola di Conigli“ (Kanincheninsel) auf Lampedusa

Wir sitzen aber nicht alle im
selben Boot. Es gibt die „Einen“ hier und die „Anderen“ dort. Eine bewusste
Trennung. Es geht nicht um „Güte“ und auch nicht darum der eigenen mühsamen
Migrationsgeschichte zu gedenken. Es geht darum, den Weitblick zu schärfen,
genau hinzusehen und an die Menschlichkeit zu erinnern. Männer, Frauen und
Kinder, an die Menschen, die Grenzen überwinden, Grenzen der Gewalt, um zu
überleben – an sie denken wir.

Mauro Biani


Ich erinner mich an nichts. Ich mache Dienst nach Pflicht.



Letta (nach dem Unglück vom 3. Oktober 2013): „Die Kinder [gestorben bei dem Unglück vom dritten Oktober] waren Italiener_innen.“ Brüder und Schwestern Italiens.


Apartheid.


Weltmeisterschaft: Sudan – Syrien


Bewahren wir das Gleichgewicht zwischen Rassismus und Antirassismus: Wir sind moderat.


Abschiebung: Schweiz


Mauro (Forza Italia): „Bürgerinnen und Bürger für wen leistet ihr Armeedienst“


„Mare Nostrum“ (Italienischer Militäreinsatz angeblich zur Seenotrettung [sic] von Migrant_innen): Erste Reihe


Sprachlos.


Ohne Worte.


Im Kanal von Sizilien: „Hier spricht Europa, wie läuft’s?“„Achtung, Telefonstreich.“


Abwehr. Verteidigung.


Es gibt Meerjungfrauen. Aber sie sind „Illegal“.


Last Minute Tourismus: Den Gästen wird zugemutet in unmenschlichen Bedingungen zu leben. Auf dem Boden zu essen, da alle Tische und Stühle besetzt sind. Die CIE (Centro di Identificazione ed espulsione/Identifikations- und Abschiebezentren) haben beschissene Bewertungen.


Privatisierung der Strände: „Hier so rumzuliegen kostet aber schon etwas. Den ganzen Tag macht das dann 150 Euro.“


Lampedusa, CSPA (Centro di primo soccorso e accoglienza/Erstaufnahmezentrum), Säuberung. Bezug auf das Skandalvideo vom Dezember 2013, nachdem das CSPA-Lager auf Lampedusa vorübergehend (bis dato) geschlossen wurde.


Schwarzarbeit


In Bologna geht ein Kind nicht zur Schule, weil „alle Plätze belegt sind“. Mann: „Wir sind voll.“ Kind: „Von was?“


Verschwinden wir Babbino? Warten wir auf die Entscheidung der EU und von Italien.


Migrant_innen. Vielleicht sind wir in der Erwartung eines Wunders.


Selfie: Stell dir vor es wäre wirklich „andersrum“.

Bereits im Jahr 2011 hat Mauro Biani seinen Comic „Le rughe sulla frontiera/ Die Falten an der Grenze“ vorgstellt. Auch dieses Jahr hat sich das Kollektiv von ASKAVUSA dazu entschieden seine provokativen Comics auszustellen. Mit „Sulla stessa Barca/ Im selben Boot“ greift Biani eine Frage auf, die jeden von uns, zumindest die, die sich mit Migrationsfragen beschäftigen, schonmal beschäftigt hat: Was wäre, wenn es andersrum wäre? Wenn Europa Afrika und Afrika Europa wäre? Wenn die Geschichte andersrum verlaufen wäre. Ein Perspektivwechsel den es sich zu wagen lohnt, um dann zu fragen: Wie möchten wir behandelt werden? Welchen Umgang wünschen wir uns. Und inwiefern wird unser Handeln davon beeinflusst.

Welche Rolle nehmen wir ein?

Fotos und Übersetzung: Alexa Magsaam // borderline-europe