Porto Empedocle und Lampedusa: Promiskuität und wahlloses Durcheinander


Die Ankommenden werden immer mehr in diesen Stunden und das System ist Ende Mai bereits am Kollabieren, auch wenn die Zahlen gegenüber dem letzten Jahr nicht gestiegen sind. Viele sterben weiterhin und viele kommen auch weiterhin an, vor dem sicheren Tod bewahrt, wie wir es in den traurigen Bildern der italienischen Militärmarine sahen.

Wer es schafft, sich vor dem täglichen Massensterben zu retten (200 Tote und Dutzende Vermisste in nur drei Tagen), wird in einem Hotspot aufgenommen oder in einem der über ganz Sizilien verteilten „Nicht-Orte“. In der Einrichtung von Lampedusa, das in den letzten Tagen geräumt wurde, um Platz für die Neuen zu schaffen, bleibt die Situation jenseits des Gesetzes: Dort sind Männer, Frauen und Kinder alle zusammen in der größten Vermischung untergebracht, angesichts der Tatsache, dass die Halle der Männer verbrannt wurde und immer noch unbetretbar ist. Trotz der Umstände, die in den Unterkünften vorherrschen, landen Personen in einer Zahl auf der Insel an, die deren maximale Kapazität übersteigt.
Momentan, mit den Ankünften von 123 Frauen, 18 unbegleiteten Minderjährigen und 20 Männern von letztem Donnerstag, ist die Gesamtzahl der Anwesenden 333 Migrant*innen. Unter ihnen auch 15 Tunesier*innen, die, vom Rest der Gruppe getrennt, direkt mit einem Schlauchboot auf der Insel angekommen sind. Außerdem gibt es einige Dutzend unbegleitete Minderjährige, einige von ihnen unter 10 Jahren alt. Bis gestern Abend war auch ein Mädchen von 8 Monaten auf der Insel anwesend (welche die Mutter auf der Überfahrt verloren hatte, Opfer der Festung Europa), und ist schon Protagonistin in einem Solidaritätswettbewerb, und der niemand erzählen wird, wer es gewesen ist, der die Mutter ermordet hat!

Die Situation in Porto Empedocle ist nicht anders, wo, nach circa einem Jahr, auch aufgrund der desaströsen Situation des Hotspots von Lampedusa, die erste Anlandung von 2016 stattgefunden hat, mit circa 540 Migrant*innen. Diese wurde kurz durch die Zeltstruktur des Hafens geführt und dann in den Hub der Villa Sikania in Siculiana transferiert, wo sich bis heute mindestens 600 Personen aufhalten, in Überzahl und totaler Durchmischung. Unter ihnen viele Minderjährige, Frauen, viele eritreische Staatsbürger*innen, seit Kurzem angekommen oder seit Monaten anwesend, wartend auf die Prozeduren der Umsiedelung, welche, um es zu sagen, nicht funktionieren.

In der Anlandung von Porto Empedocle wurde auch eine beträchtliche Anzahl von Menschen aus Nordafrika (überwiegend aus Marokko stammend) registriert und in das Polizeipräsidiums von Agrigent transferiert, möglicherweise auf die Nachricht einer Zurückweisungsverordnung wartend, da die Plätze in den Cie* rar sind. Auch für sie öffnen sich die Türen der Unsichtbarkeit und der Ausbeutung.

Heute gab es erneut Anlandungen in Trapani, Catania, Pozzallo und Messina, mit anderen auszubeutenden und in Notlagern abzustellenden Migrant*innen, im Innern eines katastrophalen Systems, das schon zu Sommeranfang in Schieflage geraten ist.

Alberto Biondo
Borderline Sicilia

*Cie … Centro di identificazione ed espulsione = Zentren für Untersuchungs- bzw. Abschiebehaft

Übersetzung aus dem Italienischen von Laura Pfister