Wir unterstützen die Reise der tunesischen Frauen

Artikel vom 9. August 2021

Tunesische Frauen – Mütter, Schwestern und Töchter junger Migrant*innen, die bei dem Versuch, das Mittelmeer zu überqueren, ums Leben kamen oder verschwanden – kämpfen täglich für die Anerkennung von Wahrheit und Gerechtigkeit im Zusammenhang mit den Verbrechen, die sich entlang der europäischen Grenze wiederholen und die Leben, Geschichten und Rechte zerstören und verleugnen.

Gemeinsam fordern sie den Blick auf die Grenze heraus und prangern mit ihrer Stimme und ihren Aktionen die historische Abschaffung dieser Verantwortung an. Die Frauen sind Hüterinnen einer lebendigen Erinnerung, die sich der mörderischen Grenze entgegenstellt. Sie sind die Hüterinnen einer rächenden Erinnerung, die sich gegen die Reduzierung dieser Menschen zu gesichtslosen Nummern, die in der politischen und sozialen Gleichgültigkeit verschwinden, wehrt.

Gerade um den Wert dieser Leben einzufordern und die mörderische Politik anzuprangern, haben tunesische Mütter die Couverture de la Mémoire – Decke der Erinnerung aus Tunesien geschaffen, beginnend mit der Yusuf-Decke, die in Lampedusa nach dem Ertrinken des kleinen Yusuf, einem weiteren Opfer des Stacheldrahtmeeres, geschaffen wurde.

Die Decke dient als Gedächtnisstütze, indem sie die individuellen Geschichten der verschwundenen Söhne, Töchter, Brüder und Schwestern miteinander verwebt: Faden in der Hand, Kette und Schuss, steht jede „Kachel“, aus dem die Decke besteht, für die Geschichte einer Person, die auf der Migrationsroute verschwunden ist. Jede „Kachel“ erinnert an eine Person, nach der noch gesucht wird und für die Wahrheit und Gerechtigkeit gefordert wird. Auf diese Weise macht die Decke der Mütter die Geschichte zu einem Mittel, um der Gewalt der Grenze entgegenzuwirken, und die Erinnerung zu einem Instrument des kollektiven Kampfes.

Anfang nächsten Oktober, anlässlich des Jahrestages der Tragödie vom 3. Oktober 2013, wird das Lampedusa Solidarische Forum (Forum Lampedusa Solidale) eine Veranstaltung in Lampedusa organisieren, um die Gedenkdecken zu vereinen, die im Mittelmeerraum entstanden sind – von Lampedusa bis Tunesien, von Val Susa über Bergamo bis zur Ebene von Gioia Tauro.

Die tunesischen Mütter, die eingeladen sind teilzunehmen und ihren Kampf zu bezeugen, werden die Grenze nach Sizilien und Lampedusa überqueren. In Lampedusa, um – durch die Decke und die gesammelten Geschichten – ihre Erinnerung an die Geschehnisse auf beiden Seiten des Mittelmeers zu erzählen und zu bezeugen; und in Sizilien, um die Suche und Identifizierung der Leichen ihrer vermissten Kinder fortzusetzen, um die Anwält*innen zu treffen und diese Verbrechen durch die Erinnerung weiter anzuprangern.

Mit dieser Spendenaktion wollen wir die Kosten für den Aufenthalt der Mütter in Italien unterstützen, um die Reise und den Aufenthalt der Frauen in Lampedusa und Sizilien zu ermöglichen, an den Orten, an denen diese Menschen verschwunden sind, an den Orten, an denen sie ihre Klagen eingereicht haben und an den Friedhöfen, auf denen ihre Lieben begraben sind.

Wir bitten daher um Solidaritätsspenden zur Unterstützung dieser Initiative. Zur Unterstützung der Karawane der Mütter und ihrer lebenden und klagenden Erinnerung, die das Mare Nostro durchqueren wird.

Um Brücken der Solidarität im Mittelmeerraum, die sich der Gleichgültigkeit gegenüber den Verbrechen der Festung Europa widersetzen, zu festigen. Um uns in einem Kampf für die Rechte von Migrant*innen zu vereinen, der nicht nur die Mütter betrifft, sondern uns alle.

 

Klicken Sie hier, um die Karawane der tunesischen Mütter zu unterstützen.

 

Aus dem Italienischen übersetzt von Caroline Ausserer